Montag, 6. Januar 2014

Virgin Tales

 
"Ich liess zu, 
dass die Lust mich dominierte und 
ich endete in Schande. 
Jetzt gibt es für mich nur eines: 
absolute Demut."
(Oscar Wilde)

Ich schaute mir gerade den Film "Virgin Tales", der gestern auf ARTE lief; an. Angenehmerweise sind heutzutage auf vielen Fernsehsendern die Filme eine Woche nach der Ausstrahlung noch online abrufbar.

Von dieser Dokumentation hörte ich schon vor mehreren Monaten, leider musste ich bis zur Erstausstrahlung im deutschsprachigen Raum warten, da ich mir nicht die DVD kaufen wollte. Diese Doku lief schon auf SFR1 und zuvor in verschiedenen Kinos in Deutschland. Leider alles unerreichbar für mich. Bis jetzt ^^

In dieser Dokumentationi geht es um eine evangelikale Familie die stellvertretend für viele andere in den USA von der Dokumentarfilmerin Miriam von Arx und einem rein weiblichen Filmteam für längere Zeit begleitet wurde. Es geht darum um den Gedanken sich als Frau "aufzuheben" auf den einzig wahren und richtigen Ehemann. Keine "schmutzige" Taten und Gedanken sollen dies beflecken, sogar der erste Kuss wird bis zum Altar aufbewahrt.

Diese Glaubensgemeinschaft gilt es nicht zu unterschätzen, macht sie doch fast ein Viertel der amerikanischen Gesellschaft aus. Eines von acht Mädchen (zw. 8 und 18) in Amerika entscheidet sich bis zur Ehe aufzusparen. Diese "neue Rechte" Bewegung macht mit ihren sogenannten Purity Balls auch nicht vor Europa halt.

Hier der Trailer:


Hier der Text von der ARTE Homepage wo sich ebenfalls die gesamte Dokumentation zum anschauen befindet (für eine Woche ab Heute):

Die Wilsons sind eine neunköpfige evangelikale Familie, die in Colorado Springs lebt. Sie sind die Begründer der sogenannten Purity Balls, bei denen Töchter im Abendkleid von ihren Vätern begleitet werden und gemeinsam ein Gelübde ablegen, dass das Mädchen bis zur Ehe keusch bleibt. Inzwischen werden diese Bälle in 48 Staaten der USA gefeiert. Und die fünf Wilson-Töchter, die nur einen Mann heiraten wollen, der genauso ist wie ihr Vater, sind die Vorzeige-Jungfrauen der USA: jung, charmant und jeden noch so scheuen Kuss vor der Ehe verteufelnd. Auch die Söhne vertreten strikt die Haltung, eine Frau das erste Mal vor dem Traualtar zu küssen.
Die Wilsons sind ein lebendiges Beispiel dafür, wie stark das Konzept "Jungfräulichkeit" auch heute noch das Leben junger Frauen beeinflussen kann, und das in einem westlichen Land, das als aufgeklärt und als Hort der Freiheit und Heimat der selbstbestimmten jungen Frauen gilt.
So passiv, wie die Frauen der Purity-Bewegung sich in Bezug auf Sex verhalten sollen, genauso passiv sollen sie auch in allen anderen Lebensbereichen auftreten. Feminismus ist ein Schimpfwort. Die Frau gehört an den Herd, nicht in eine berufliche Laufbahn. Sie soll ihrem Mann dienen, der von Gott zum Führer der Frau auserkoren wurde. Die Wilsons fordern nicht nur Reinheit im sexuellen Sinn, sondern auch im geistigen und emotionalen: Die Kinder sollen sich vor der Ehe nicht verlieben, und bereits sexuelle Gedanken sind eine Sünde. Alle sieben Kinder der Wilsons zeigen sich absolut im Einklang mit diesem Gebot. Dieses Einverständnis mit den Eltern mag auf die fast vollkommene Abschottung von der Außenwelt zurückzuführen sein. Von frühester Kindheit an wurden die sieben Wilson-Sprösslinge wie rund eine Million andere evangelikale US-Kinder zu Hause unterrichtet. Hier lernen die Jungen neben Bibelzitaten vor allem, wie sich ein tugendhafter männlicher "Führer" zu verhalten hat, und die Mädchen, wie man dem zukünftigen Ehemann ein gemütliches Heim bereitet. Kontakt zu Gleichaltrigen kommt lediglich beim Kirchenbesuch und den regelmäßig stattfindenden "Teas" zustande, bei denen die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern über ihren Glauben sprechen und sich gegenseitig darin bestärken, dass ihre Lebensform die einzig wahre sei.

Wer an detaillierten Hintergrundinformationen interessiert ist, dem empfehle ich die Homepage des Films: http://virgintales.com/film/background-information/

Schnipsel aus dem Film die ich mitnahm:

Purity bedeutet nicht nur jeden Tag die richtigen Entscheidungen zu treffen, sondern auch Reinheit von Herz und Seele. Wir sind zu wertvoll für Männer die uns nicht respektieren, ehren und schätzen. Die Töchter bedingungslos zu lieben, das grösste Geschenk ist sie zu lieben und zu vergeben und um einzuschreiten im Interesse der Tochter (wenn sie sich auf den falschen Weg begiebt). Als Zeichen deiner Reinheit gebe ich dir diesen Ring und verspreche dir, dass du dein Gelübde nie bereuen wirst, dich für die Hochzeit rein zu halten. Ihr sollt unterstützen, nicht behindern. Mein Herz schlägt für die Ehe und die Familie. Sie sind das Fundament jeder Gesellschaft. Mein erster Kurs für den Anstandsunterricht ist voll. Warum nicht einfach warten? Ich bereue es nicht. Wisse, eine Ehefrau ist ein Geschenk Gottes. Er wird dir deine Eva bringen. Ich habe immer gewusste das ich Ehefrau und Mutter werden will und nicht tausende von Dollars unnütz in eine Ausbildung verschwenden möchte. Meine Aufgabe ist es, eine Beziehung zu den Pfarrern aufzubauen und sie zu ermutigen die Wahrheit zu sagen. Es gibt keine Trennung zwischen Religion und Staat. Die Bibel sagt uns wie wir zu leben haben. Wir wünschen uns Liebe und Toleranz aber Toleranz kann ein Hauptgrund für die Trennung sein. "Die Bibel sollte sich nicht der Kultur anpassen, sondern die Kultur der Bibel." Es ist der Sinn des Lebens Gott zu gehorchen und ihn zu lieben. Weil ich Gott liebe, liebe ich meinen Mann. Es ist die Ehe die unsere Liebe erhält. Wie die Frau, so die Kultur.

Mein Fazit:

Die prinzipielle Idee mit einem Vater-Tochter Ball finde ich ja recht süss, schliesslich verbringt man als Tochter doch oft recht wenig Zeit mit dem Vater. Familiensinn wird sehr hoch gehalten, auch der Sinn der Ehe als Versprechen bis das der Tod uns scheidet - ebenfalls eine sehr begrüssende Eigenschaft. Leider triftet beides etwas ins Extreme ab. Alles was extrem ist, ist meiner Meinung nach abzulehnen. Denn dann lauft man nur mehr mit Scheuklappen durch die Welt und verteufelt alles andere. Andererseits sollte man auch extreme Ansichten respektieren - da beisst sich irgendwo die Katze in den Schwanz. Aber ich glaube die Richtung meiner Gedanken ist nachvollziehbar.

Die Kinder gehen nicht in eine Schule sondern bekommen alles von der Mutter mit "was sie wissen müssen", sprich sie werden Zuhause unterrichtet. Sie leben abgeschottet in ihrer Gemeinschaft und blicken nie über ihren Tellerrand. Sie kommen gar nicht dazu ohne komplett mit der Familie zu brechen. Eine Subkultur.

Ich bin hin und hergerissen. Es gibt viele Elemente die ich toll finde, allerdings untergräbt es irgendwo die persönliche Entwicklung. Es heisst, dass sich immer mehr Menschen zu "solchen" strikten Religionen hingezogen fühlen, weil sie mit der Weite der Möglichkeiten die das heutige Leben bietet nicht zu recht kommen. Die Religion gibt ihnen halt und genaue Lebens- und Verhaltensweisen vor. Kann ich auch irgendwo nachvollziehen. In einer Zeit wo der Staat immer mehr kontrolliert, wird der Begriff Freiheit utopisch und rückt in weite Ferne. Wir werden wohl wieder in eine Art Biedermeier enden. Das Leben daheim wird hochgehalten, weil es draussen zu unsicher ist.

Was mir am meisten gefällt ist der Familiensinn und die Traditionen. Es gibt Initiationsriten für Mädchen wenn sie zur Frau werden (mit einer richtigen echten Aussteuertruhe) und ein Jungs wenn sie zu Männern werde (wie wenn man zum Ritter geschlagen wird). Das ist toll. Traditionen engen ein, allerdings erhalten sie auch viel.

Man muss glaub ich für sich selbst ein gutes Mittelmass finden. Der Film wirkt wie ein Märchen. Man wartet als Mädchen bzw. als junge Frau sittsam bis der Prinz mit seiner glänzenden Rüstung auf seinem weissen Pferd kommt und sie ins Schloss mitnimmt. Und sie leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Es wirkt alles sehr surreal. Ausgesprochen interessant, teilweise beängstigend und auch durchaus inspirierend.

Was denkst du über diesen Film oder diese Weltanschauung?

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